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Brigitta Rambeck: 

75 Jahre Seerosenkreis - ein Märchen ?

Die Schwabinger Seerose und die Lenker ihrer Geschicke

Es war einmal – und das ist noch gar nicht so lang her – eine Zeit, in der zwei Weltkriege über den Globus fegten und Not, Tod und Zerstörung über Besiegte wie Sieger brachten. Da lebte oder vielmehr überlebte auch ein – ja wie soll man sagen? – nennen wir ihn einfach mal einen Zauberer. Er hatte beide Kriege – überwiegend als Soldat – überstanden, dazwischen ein Reich des Terrors, und fand sich nun wieder, halbtot an Leib und Seele, in einer Welt, der er sich nicht gewachsen fühlte.

Doch weil er nun mal ein Zauberer war, begann er sich eine andere, eigene Welt zu erschaffen, seine höchstpersönliche Märchenwelt: und er nannte sie seine Traum-Stadt. Die baute er sich aus Worten und Reimen, mit einem weinenden und einem – mitunter auch sarkastisch – lachenden Auge. Sein Werk wuchs rasch: Wort um Wort. In diesem Métier war er Profi: ein Poet war er – das heißt ein “Macher, Schöpfer“, wenn man der Bedeutung des griechischen Herkunftsworts (ποιείν) nachgeht. Sein Name war Peter Paul Althaus, kurz PPA (1892-1965).

Die erste Sammlung seiner Traumstadt-Gedichte erschien 1951. Da war PPA bereits so etwas wie der spiritus rector, der „Guru“ von Schwabing. Und obwohl er seine berühmtesten Gedichte zum Teil noch in Tutzing geschrieben hatte, identifizierte man sein luftiges Reich bald schon als „Traumstadt Schwabing“, das er von seinem hohen Wohnsitz in der Schwabinger Trautenwolfstraße bis zu seinem Tod dirigierte.

Auf der bronzenen Gedenktafel für PPA unten am Haus ist dreidimensional eine Seerose dargestellt, jene Blume, die bis heute das Symbol für eine immer noch vielfältig lebendige Künstlergemeinschaft liefert. Sie ist es, die am Anfang dieses Nachkriegsmärchens rund um die Traumstadt Schwabing und ihren Bürgermeister Peter Paul Althaus steht. Als solcher firmierte der Dichter übrigens ganz offiziell in seiner Stadt-in-der-Stadt und dies so überzeugend, dass der damals amtierende Oberbürgermeister von München, Hans-Jochen Vogel, ihn stets mit „Herr Kollege“ zu begrüßen pflegte.
All das hat 1948, im Jahr der Währungsreform, seinen Ausgang in der Seerose genommen, einer realen Bierwirtschaft im Herzen Altschwabings. Allerdings in einem schon literarisch „vorbelasteten“ Haus: 1901 hat Thomas Mann dort seine „Buddenbrooks“ beendet.
Dort fanden sich jetzt, ein halbes Jahrhundert später, Künstler aller Sparten: Dichter, Maler, Bildhauer, Kabarettisten, Musikanten, Philosophen und Schauspieler, noch schwer gebeutelt, aber hoffnungsfroh, zu einem Stammtisch zusammen. Da wurde gezecht, diskutiert und rezitiert. Nach und nach gründete Althaus etliche Kabarettgruppen, es gab rauschende Feste, unter anderem im Fasching, zu denen sogar Prinzessinnen durchs Küchenfenster eingestiegen sein sollen, wenn vorne kein Einlass mehr war. Dazu kamen die legendären Nikolausfeiern des Seerosenkreises, bei denen unter anderen auch OB Vogel den Nikolaus mimte, begleitet von einem leicht frivolen Weihnachtsengel namens Schwabinger Gisela. Mit gutem Grund bezeichnete PPA die „Seerose“ als die „Wiedergeburtsstätte Schwabings“, jenes Münchner Viertels, das ja bekanntermaßen kein Ort, sondern ein Zustand ist.
Initiator und Seele der berühmten Seerosen-Festivitäten war der Maler Herrmann Geiseler (1903-1978), der erste Sprecher der Bildenden Seerosenkünstler. Mit 22 Jahren war er aus Hamburg nach Bayern gekommen, um an der Münchner Kunstakademie zu studieren, wo er sich rasch als Meisterschüler von Professor Schinnerer profilierte. Seit 1928 Mitglied der Neuen Secession, verlor er 1931 beim Brand des Glaspalasts seine dort ausgestellten Werke. Eine zweite Katastrophe ereignete sich während des Kriegs, als er anlässlich eines Fronturlaubs sein Atelier zerstört vorfand und auch seine dort gelagerten und nachweislich geretteten Bilder nie mehr zurückbekam. Später entdeckte er auf der Auer Dult eines seiner Bilder – es war allerdings viel zu teuer für ihn. Dennoch verlor er nie seinen Lebensmut und seine Einsatzbereitschaft – auch für andere. Er war es dann auch, der mit Unterstützung des kunstsinnigen Oberbürgermeisters von München, Hans Jochen Vogel, einen Seerosenpreis der Stadt München für Bildende Künstler ins Leben rief, der ausschließlich von Bildenden Künstlern, darunter dem Sprecher des Seerosenkreises und einem Professor der Münchner Akademie, juriert und bis heute noch alljährlich vergeben wird.



Immer noch weithin bekannt ist auch Geiselers riesiges – 4.80m x 1.60m großes – Gemälde Traumstadt bei Nacht, das inzwischen kurioserweise nach mehreren Ortswechseln spurlos verschollen ist. Der Dieb muss ein Herkules gewesen sein. Zuletzt gesehen wurde das Bild anlässlich des 100. Geburtstags von Peter Paul Althaus, den der Tukankreis 1992 in der Seidlvilla ausrichtete. Wolfgang Roucka, der legendäre Posterkönig und Fotograf vom Wedekindplatz, Seerosenringträger 2018, ist ihm seither ebenso unverdrossen wie (noch?) erfolglos auf der Spur. Eine Reproduktion des Bilds ist immerhin noch zweimal zwei Tage lang im Jahr auf dem Corso Leopold zu sehen: auf der „Traumstadtbühne“, direkt vor der Lehmkuhle, kuratiert von „Seerosen-Literatin“ Brigitta Rambeck. Neben Geiselers Bild hängt seit einigen Jahren die neue, „zeitgenössische Variante“ der Schwabinger Traumstadt: gemalt von dem „Nachwuchs-Traumstädter“ und Seerosenkünstler Martin Blumöhr.




Martin Blumöhr: Traumstadt Schwabing


Als das Lokal zur Seerose dem Künstler- und Publikumsansturm nicht mehr gewachsen war, hatten sich die Wege der Bildenden Künstler und der Poeten getrennt – wobei die Literaten in ihren neuen Lokalitäten mit Lesungen an die Öffentlichkeit gingen, die Treffen der Maler jedoch ihren ursprünglichen Stammtischcharakter bewahrten, um nach etlichen Ortswechseln endgültig im Allotria-Keller im Münchner Künstlerhaus Fuß zu fassen. Freundschaftliche Kontakte aber wurden weiterhin gepflegt. So waren etwa die Maler Oswald Malura und Joseph Mehrle regelmäßig in der „Agnes-Post“ zu Gast, in dessen Nebenstüberl auf Einladung des Seerosensprechers Ernst-Günther Bleisch unter einem großformatigen Porträt seines Vorgängers Florian Seidl – oft namhafte – Literat/innen ihre Texte lasen. Was kaum jemand wusste: Florian Seidl war im Dritten Reich ein linientreuer Autor gewesen. Sein Verlag war der Franz-Eher-Verlag, in dem auch „Mein Kampf“ erschien. Seidls Roman „Das harte Ja“ (1941) ist eine deprimierende Propaganda für die Euthanasie behinderter Menschen. Ironie des Schicksals: Seidls Herkunftsstadt Regensburg widmete ihm 1973 (!) eine Straße, in der sich u.a. eine Schule für Behinderte befand. Nachhaltig beschämend ist, dass sich die Umbenennung der Straße noch bis 1999 hinzog auf Grund des CSU-Vetos der Stadt. Was bleibt, sind Florian Seidls Bemühungen um das kulturelle Leben im Nachkriegs-München. Er war es, der, gemeinsam mit dem Mitgesellschafter der Süddeutschen Zeitung, Hans-Jörg Dürrmeier, 1961 die Schwabinger Kunstpreise initiierte. Sein Nachfolger Ernst-Günther Bleisch (1914 - 2003) teilte sich zunächst das Amt als „Oberseerosianer“ mit dem Journalisten Wilhelm Lukas Christl. Es gab auch damals schon ab und zu Gelegenheit zu kleinen Ausstellungen der Künstler-Kollegen während der Lesungen. 1979 übernahm Bleisch die alleinige Regie der Literarischen Seerose. Rückwirkend quasi „prophetisch“ erscheint, dass diese „Übergabe“ bei einer Lesung des Journalisten Kurt Seeberger aus seinem zu diesem Zeitpunkt noch unveröffentlichten Buch „Schwabing, ein abenteuerlicher Weltteil“ stattfand, bei der gleichzeitig eine Diashow der Bilder gezeigt wurde, die „die junge Schwabinger Malerin Brigitta Rambeck für das Buch gemalt“ hatte. Das war vor einem knappen halben Jahrhundert. Dass besagte Malerin drei Jahrzehnte später in seine Seerosen-Fußstapfen treten sollte, konnte damals niemand ahnen.
Ernst-Günther Bleisch, 1914 in Breslau geboren, gelernter Buchhändler, war 1945 als Heimatvertriebener nach Bayern gekommen. Er arbeitete in München (jahrzehntelang wohnhaft in Schwabing) als freier Schriftsteller und Journalist – vor allem beim Münchner Merkur – und machte sich später dann als Redakteur des Bayerischen Rundfunks auch als Autor zahlreicher Hörspiele und Hörfolgen einen Namen. Seinen literarischen Schwerpunkt hatte er allerdings in der Lyrik. Seine zeitlos schönen Gedichte hätten es längst verdient, wieder einem größeren Publikum zugänglich gemacht zu werden.
Aus seinem „Amt“ als „Oberseerosianer“ ist er buchstäblich herausgestorben. Das geplante Fest zu seinem 90. Geburtstag musste in einen Nachruf umgewidmet werden. Er fand in der Schwabinger Seidlvilla statt, in der Bleisch auch seine letzten Seerosenabende veranstaltet hatte, nachdem das Nebenstüberl in der „Agnespost“ buchstäblich abgerissen worden war. Da auch ich damals in der Seidlvilla eine literarische Reihe („cafésätze“) leitete, unterstützte ich den hochbetagten „Oberseerosianer“ mitunter bei wichtigen Seerosenabenden, insbesondere bei der Werbung, um seine zum Teil prominenten Gäste nicht vor leeren Stühlen lesen zu lassen. Mit Bleischs Tod schien auch das Ende der literarischen Seerose besiegelt zu sein. Doch es kam anders: Bei der Trauerfeier im bescheidenen Café beim Waldfriedhof wurde die Trauergemeinde, vertreten durch Münchner Schriftsteller/innen sowie Abgesandte des Kulturreferats, von einer nostalgischen Stimmung erfasst, die ein Ende des inzwischen „historisch“ gewordenen Literaten-Forums ausschloss. Allerdings wollte man nicht weiterhin reine Autorenlesungen bzw. Buchvorstellungen bieten – wie etwa der befreundete Tukan-Kreis. Geplant waren vielmehr Themenabende unterschiedlichster Art, die Literarisches und Musikalisches sowie Kabarett und Werkstattgespräche einbeziehen sollten.
Eine Gruppe von „Wort-Profis“ fand sich zusammen, die nicht nur eigene Texte beitragen konnten, sondern auch weitreichend vernetzt waren mit anderen Autor/innen, die es möglich machten, die unterschiedlichsten Themenkreise kompetent und unterhaltsam auf die Bühne zu stellen – zunächst weiterhin in der Seidlvilla. Nach und nach zogen die Seerosianer dann in das Münchner Künstlerhaus um – die Seidlvilla platzte aus allen Nähten.

Zur „Kerngruppe“ der literarischen Seerose gehör(t)en: „Oberseerosianerin“ Brigitta Rambeck (promovierte Literaturwissenschaftlerin, Autorin und „nebenberufliche“ Malerin), Barbara Bronnen, Gert und Gisela Heidenreich, Dagmar Nick, Maria Peschek, Anatol Regnier, Asta Scheib, Albert von Schirnding, Michael Skasa, , Walter Zauner und Winfried Zehetmeier. Fast zwei Jahrzehnte lang garantierte das feste Team von „Seerosianer/innen“, ein weitgehend volles Haus mit insgesamt etwa 100 literarischen Abenden unterschiedlichster Prägung. Inzwischen haben sich die Reihen der Seerosianer gelichtet: 2019 starben die Autorin Barbara Bronnen und der Politiker, Autor und Maler Winfried Zehetmeier, im Juni 2023 die Kabarettistin Maria Peschek, die Jüngste der Crew. An ihrem Grab und bei der Nachfeier im „Fraunhofer“ fand sich alles zusammen, was in der bayerischen, respektive Münchner Theater- und Kabarettszene Rang und Namen hat. Seerosianer Michael Skasa hielt die Grabrede. Seit etlichen Jahren schon liefen ernsthafte Bemühungen, die Verantwortung für die Seerose abzugeben. Es zeigte sich, dass es nicht einfach war, diesen ebenso interessanten wie arbeitsreichen – weitgehend ehrenamtlichen – Posten weiterzureichen. Corona hatte zudem die Aktivitäten im kulturellen Leben weitgehend lahmgelegt. So auch in der Seerose. Da half dann wohl nur noch ein erneutes Eingreifen des seligen Zauberer-Poeten PPA.

Er hat sich Zeit gelassen. Aber es hat sich gelohnt: Er fand Petra Herrmann. Germanistik, Theaterwissenschaft, Geschichte und Slavistik hat sie studiert mit Abschluss Staatsexamen und Promotion. Seit 1978 war sie freie Journalistin bei der SZ und dem Bayerischen Rundfunk, dann langjährige Redakteurin bei radioWissen im BR, Wissenschafts-Moderatorin bei ARD-alpha und Glossenschreiberin der Reihe „Ende der Welt“. Inzwischen ist sie Mitarbeiterin beim online-Feuilleton „Kultura-extra“, VHS-Dozentin für Literatur und kreatives Schreiben sowie nicht zuletzt leidenschaftliche freie Malerin. Danke PPA.

Dazu kam, dass sich zwei langjährige Wegbegleiter der Seerose bereit erklärten, nach Kräften am Weiterbestehen der Literarischen Seerose mitzuwirken. Seit vielen Jahren schon stellten sie kompetent – und auch bei geringen „Einnahmen“ noch freundlich– den Büchertisch für die Seerosenabende.
Dr. Franz Klug, gelernter Buch-, Kunst- und Musikalienhändler, studierte in Innsbruck Philosophie, Psychologie und Pädagogik. Er ist begeisterter Büchermensch und Stadtflanierer. Als Ergebnis seiner Stadtspaziergänge entstand das Buch "München abseits der Pfade". Jahrelang betreute er als Geschäftsführer der Buchhandlung Lentner den Seerosen-Büchertisch und organisierte in der Buchhandlung Lentner gemeinsam mit Gunna Wendt zahlreiche literarische und philosophische Abende – u.a. über Arno Schmidt und Jürgen Habermas. Gunna Wendt studierte Soziologie und Psychologie an der Universität Hannover und lebt seit 1981 als freie Schriftstellerin in München. Neben ihren Arbeiten für Theater und Rundfunk veröffentlichte sie Kurzgeschichten, Gedichte, Essays und zahlreiche literarische Biografien. Ihre Protagonistinnen sind überwiegend Frauen, die ihren eigenen Weg gehen und sich selbst neu erfinden, darunter Paul Modersohn-Becker, Liesl Karlstadt, Franziska zu Reventlow, Lena Christ, Erika Mann, Therese Giehse. 2017 wurde sie mit dem Schwabinger Kunstpreis ausgezeichnet. Inzwischen hat sie, zum Teil gemeinsam mit Franz Klug, mehrere heftig beklatschte Seerosenabende auf die Künstlerhaus-Bühne gebracht.

Gedankt sei hier auch den langjährigen Helferinnenn bei Organisation und Abendgestaltung: Katja von Lieven, Liselotte Eichler, Andrew Malura, Mathilde Bilstein und Thea Schmidbauer, die den Wechsel weitgehend mitgetragen haben.

Der Übergang vollzog sich gleitend. Die ersten Seerosenabende unter Petra Herrmanns Regie waren rundum erfolgreich. Heiter bis abgründig ging´s zu im September 2019 mit „Wasserfälle literarisch, musikalisch, malerisch. Late summertime an Bord der Seerose“. Der Abend zum Thema „Der Berg – abgründige Erhabenheit“ im Oktober 2019 versammelte zur Freude des Publikums alles, was sich an Interpreten für dieses Thema wünschen ließ: Maria Peschek, Hans-Jürgen Stockerl , Thomas Lang, Jörg Maurer…Im Juli 2021 fanden sich dann lang vertraute Seerosenkünstler/innen mit „Neuzugängen“ auf der Künstlerhaus-Bühne zusammen, als wären sie immer schon immer miteinander aufgetreten: Frederic Hollay, Frank Klötgen, Jerzy May und die wunderbare Sprecherin und Sängerin Katja Schild. Thema: „Alles für die Katz – oder: Haben Sie einen Vogel?“ Am 27. September 2022 signierte Petra Herrmann in der Einladung zu ihrem Abend über „Die Hochstapler-GmbH – von Anna Sorokin bis Felix Krull“ endgültig als Sprecherin des literarischen Seerosenkreises.
Vorangegangen war die offizielle Verabschiedung der langjährigen Sprecherin der literarischen Seerose Brigitta Rambeck, ein wunderbar freundschaftliches Freudenfest, für das auch der Festsaal im Künstlerhaus kaum reichte und das wieder einmal die Literaten und die Bildenden Künstler vereinte. Auch eine kleine „Festschrift“ entstand, die ebenfalls die Handschrift beider „Seerosen-Fakultäten“ trägt.


13.März 2022

Es lebe die Seerose!

Eine Hommage an Brigitta Rambeck

Ein Abend zu Ehren der Künstlerin, Kulturschaffenden und Poetin Brigitta Rambeck. Seit 2004 leitet sie den literarischen Seerosenkreis. Unzählige ebenso unterhaltsame wie anspruchsvolle Abende hat sie veranstaltet mit teils namhaften Autor*innen, Schauspieler*innen und Musikant*innen. Seit einiger Zeit bereichert sie die literarisch-musikalischen Veranstaltungen auch durch die Zusammenarbeit mit „Seeröslern“ aus der Zunft der Bildenden Kunst. 2005 erhielt sie den Schwabinger Kunstpreis, 20017 den Bayerischen Verdienstorden. Nun zieht sie sich von der Leitung der „Seerose“ zurück. Für ihr phänomenales Engagement danken ihre langjährigen Weggefährten Michael Skasa, Anatol Regnier, Gert Heidenreich, Frederic Hollay sowie Asta Scheib, Maria Peschek, Gisela Heidenreich, Christian Ude, Gunna Wendt, Franz Klug, Thomas Lang, Thomas Lang, Martin Blumöhr, Tobias Krug und viele andere. Moderation: Petra Herrmann.

Bei den Bildenden Künstlern hatte sich die „Verjüngung“ schon früher angebahnt:
mit dem Maler, Glasmaler und Komponisten Tobias Krug. 1972 geboren in München, 1994-1997 ausgebildet zum Glas- und Porzellanmaler in Neugablonz, studierte er 1997 – 2001 an der Akademie der Bildenden Künste in München (Meisterschüler von Prof. L. Gosewitz). 2019-2022 schloss er ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München im Fach Kunstpädagogik an. 2016 erhielt er den Seerosenpreis, 2023 den Seerosenring. Seit 2017 fungiert er als Sprecher des Seerosenkreises Bildende Kunst.

Sein Seerosen-Vorgänger, der Maler und Grafiker Konrad Hetz, hatte ihm einige positive Neuerungen hinterlassen. 1946 in München geboren, machte Hetz zunächst eine Ausbildung als Tiefdruckretuscheur im Grafischen Gewerbe. 1966-1971 folgte ein Privatstudium (Malerei und Grafik) bei Prof. Heinrich Baudisch und Prof. Friebert Ficker. Von 1978 – 1989 leitete er eine eigene Galerie und Druckwerkstatt in München-Haidhausen. Von 1989 – 2000 war er Vorsitzender des Schutzverbands Bildende Künstler, Bayern, und Präsident der Ausstellungsleitung Pavillon e.V. Die Möglichkeit, die Werke der jeweiligen Seerosenpreisträger im Münchner Kunst- Pavillon auszustellen, geht auf Konrad Hetz zurück. Er selbst erhielt den Seerosenpreis der LH München 1996, der Seerosenwanderring begleitete ihn durch das Jahr 2008. Seit 2008 war er auch Sprecher des Seerosenkreises Bildende Kunst – fast ein Jahrzehnt lang.

Mehr als die doppelte Zeit hatte sein Vorgänger, der Bildhauer Baldur Geipel, das nicht immer dankbare Amt verwaltet – und das, obwohl er es nie angestrebt hatte.
Sein Vorgänger, der Maler Hannes Rosenow, hat es ihm buchstäblich „in die Hand gedrückt“. Bei einer Vernissage kam er auf den jüngeren Kollegen und Freund zu, drückte ihm ein Bündel mit den notwendigen Unterlagen in die Hand und verließ ohne weitere Erklärung den Ort des Geschehens. Ein Fall von „Seerosen-Überforderung“? 1925 in Ratibor in Oberschlesien geboren, hatte Rosenow nach dem Krieg in Düsseldorf und an der École des Beaux-Arts in Paris studiert und lebte dann von 1952 als freischaffender Maler in München-Schwabing. Er war Mitglied und (1987–1990) Präsident der Neuen Münchner Künstlergenossenschaft. Sein Sprecher-Amt im Seerosenkreis war wohl zu viel des Guten.

Für Baldur Geipel fiel diese unorthodoxe „Berufung“ in eine ungünstige Lebensphase, weil er damals hauptamtlich an der Fachschule für Bildhauerei in Garmisch arbeitete und deshalb nur wenig Zeit in München verbringen konnte. Dass er es dennoch auf sich nahm, war ein Akt der Dankbarkeit – wie er auch heute noch begeistert erzählt, und dies nicht nur für die fröhlichen Zusammenkünfte und Feste, sondern auch für die fachlichen Gespräche und Anregungen, die sich am Seerosenstammtisch ergaben.
1933 im Vogtland geboren, hatte Geipel von 1948 bis 1952 die Fachschule in Oberammergau besucht und arbeitete im Anschluss daran in der Werkstatt von Richard Lang. Von 1953 bis 1959 studierte er an der Akademie der Bildenden Künste in München und erwarb als Meisterschüler von Josef Henselmann 1959 das Abschlussdiplom. Studienreisen nach Spanien, Frankreich, Holland, Ägypten, Griechenland, Italien, New York und die Türkei prägten sein Leben und Werk als freischaffender Künstler. Von 1978 bis 1996 unterrichtete er als Fachlehrer für Holzbildhauerei in Oberammergau. Seit 1997 ist er freischaffend in München tätig als Bildhauer (Holz und Bronze) und in verschiedenen graphischen Techniken. Er erhielt 1974 den Seerosenpreis und war Träger des Seerosenrings 2001-2003. Als Sprecher des Seerosenkreises Bildende Kunst harrte er über zwei Jahrzehnte aus: von 1987-2008. Was nicht immer einfach war. Das „Prinzip Stammtisch“ erschien mehr und mehr als Auslaufmodell – die Anziehungskraft auf potentiellen „Nachwuchs“ ging gegen Null. Dazu die Seerosen-Bildhauerin Irene Hallmann-Strauß: „Ende der 90-er Jahre wurde das Interesse der Münchner Künstler an den Seerosen-Treffen nach und nach immer geringer. Selten kamen noch 10 Künstler zusammen. Dann wurden es vier, nur noch drei, und eines Tages saß unser Sprecher, Baldur Geipel, mit sich selbst allein im „Leopold“. Es war ein „Warnschuss“ – und es gab eine Krisensitzung, die, wenn auch noch keine Lösung, so doch das Versprechen einbrachte, dass die Seerose nicht sterben dürfe.

Ein Blick in die Zukunft: Das neue Kunstforum

Ein erster Schritt in die neue Richtung war die „Erfindung“ und Realisierung des Seerosen-Wanderrings durch Irene Hallmann-Strauß. Dazu kamen dann die Künstlergespräche im Rahmen der Veranstaltungen der Literarischen Seerose. Kernstück der „jungen Seerose“ ist inzwischen das von dem aktuellen Seerosensprecher Tobias Krug und dem Münchner Seerosenkünstler Martin Blumöhr initiierte „neue Kunstforum“, eine innovative Art der Kunstvermittlung und Künstlerbegegnungen, die derzeit zweimal im Jahr auf dem Corso Leopold vorgeführt wird. Dort haben die beiden Akteure eine temporäre Ausstellungs-fläche geschaffen, auf der aktuelle Positionen der Bildenden Kunst gezeigt werden können, die aber auch anderen Sparten der Kunst Spiel-Raum gibt.

Brigitta Rambeck, Ehrenseerose